Deine ersten Fragen bestimmen alles, was folgt
Der Unterschied zwischen Mentoring-Beziehungen, die wirklich aufblühen, und solchen, die ins Stocken geraten, hängt oft davon ab, wie du das erste Treffen strukturierst – und welche Fragen du stellst.
Viele Mentoring-Beziehungen entstehen ganz organisch. Studien zeigen, dass 61 % der
erfolgreichen Mentoring-Beziehungen zufällig entstehen, während nur 14 % dadurch beginnen, dass jemand ausdrücklich um Mentoring bittet.
Aber egal ob du offiziell gefragt wurdest oder sich die Beziehung einfach entwickelt hat: Alle Mentoring-Beziehungen – auch die, die sich natürlich ergeben – brauchen durchdachte Fragen, um sich in wirkungsvolle, professionelle Partnerschaften zu verwandeln.
Im Folgenden findest du fünf zentrale Kategorien von Fragen, die du deinem Mentee beim ersten Treffen stellen solltest.
Erster Eindruck
Das erste Treffen legt die Basis für alles Weitere.
Ein gelungenes erstes Gespräch zwischen Mentor*in und Mentee schafft Vertrauen, klärt Erwartungen und zeigt, ob beide Seiten sich wirklich auf die gemeinsame Reise freuen.
Viele Mentor*innen gehen mit guten Absichten in dieses Gespräch, aber ohne Plan. Sie stellen ein paar allgemeine Fragen, erzählen von ihren eigenen Erfahrungen und hoffen, dass sich die Chemie von allein entwickelt.
Das Problem: So etwas dauert ewig.
Es gibt einen besseren Weg – einen, bei dem du von Anfang an die richtigen Fragen stellst. So baust du Vertrauen viel schneller auf und komprimierst Monate des Kennenlernens in ein einziges strategisches Gespräch.
Das bedeutet für dich als Mentor*in: Du kannst deutlich früher mit den Zielen deines Mentees arbeiten.
Die folgenden Fragen beginnen mit sicherem Terrain, schaffen Vertrauen über gemeinsame berufliche Erfahrungen und führen dann Schritt für Schritt zu tieferen Themen wie Zielen,
Arbeitsweisen und Grenzen.
Kategorie Eins: Beruflicher Hintergrund und Karriereweg
Starte mit Fragen, die vertraut wirken und keine große Verletzlichkeit erfordern. So kann dein Mentee seine Geschichte erzählen, ohne sich zu exponieren.
Diese Fragen helfen dir, Glaubwürdigkeit aufzubauen und gleichzeitig die berufliche Entwicklung deines Mentees zu verstehen:
Was hat dich zu deiner aktuellen Rolle geführt und wie passt sie in deinen bisherigen Karriereweg?
Diese Frage zeigt Motivation, Entscheidungslogik und ob jemand strategisch über seine Entwicklung nachdenkt.
Welche Aspekte deiner Arbeit geben dir Energie – und welche kosten dich Kraft?
Die Antwort offenbart Stärken, potenzielle Wachstumsfelder und zeigt, welche Art von Mentoring-Unterstützung am hilfreichsten sein könnte.
Erzähl mir von einem Projekt oder einer Herausforderung, die dich zuletzt an deine Grenzen gebracht hat.
So erkennst du, wo dein Mentee aktuell lernt und wächst, und wie er mit anspruchsvollen Situationen umgeht.
Solche Hintergrundfragen schaffen psychologische Sicherheit. Sie machen den Mentee zum Experten für die eigene Geschichte und geben dir Einblick in Identität, Stärken und Entwicklungspotenzial.
Kategorie Zwei: Erwartungen und frühere Mentoring-Erfahrungen
Wenn die Basis gelegt ist, geht es darum, Erwartungen abzugleichen. Denn viele Mentoring-Beziehungen scheitern, weil Annahmen nie ausgesprochen werden.
Wie sieht für dich erfolgreiches Mentoring aus?
So erfährst du, welches Bild dein Mentee von der Beziehung hat: Manche erwarten konkrete Anleitungen, andere wünschen sich einen Sparringspartner, wieder andere suchen vor allem Verbindlichkeit.
Hattest du schon einmal Mentor*innen – formal oder informell? Was hat dir gefallen und was nicht?
Frühere Erfahrungen prägen aktuelle Erwartungen. Wenn du weißt, was bisher hilfreich war oder nicht, kannst du deinen Stil besser anpassen.
Welche konkreten Ergebnisse möchtest du mit unserem Mentoring erreichen?
Klare Outcomes schaffen Verbindlichkeit und geben beiden Seiten ein gemeinsames Verständnis von Erfolg.
Kategorie Drei: Ziele und Ambitionen
Jetzt kannst du tiefer einsteigen. Mit Fragen zu Zielen und Zukunftsplänen lernst du, was deinen Mentee wirklich antreibt.
Wo willst du in zwei bis drei Jahren stehen – und welche Fähigkeiten brauchst du, um dorthin zu gelangen?
So verbindest du aktuelle Realität mit langfristiger Vision und erkennst mögliche Entwicklungslücken.
Welche Chancen machen dich gerade am meisten neugierig – und welche Hindernisse erwartest du?
Begeisterung zeigt intrinsische Motivation, Hindernisse verraten strategisches Denken und Selbstreflexion.
Was würdest du versuchen, wenn du wüsstest, dass du nicht scheitern kannst?
Diese Frage legt Träume frei, die oft unausgesprochen bleiben, und eröffnet Gespräche über kalkuliertes Risiko.
Zielorientierte Fragen helfen dir zu verstehen, was Erfolg für dein Mentee bedeutet, und zeigen, wo deine Erfahrung und dein Netzwerk am meisten Wert schaffen können.
Kategorie Vier: Arbeitsstil und Kommunikationsvorlieben
Wie verarbeitet dein Mentee Informationen, wie möchte er Feedback bekommen, wie läuft die Kommunikation am besten? Diese Fragen sorgen dafür, dass dein Mentoring-Stil wirklich ankommt.
Wie erhältst du am liebsten Feedback – und welcher Kommunikationsstil bringt dich ins Denken?
Manche Menschen brauchen Direktheit, andere ausführlichen Kontext. Wenn du das weißt, kannst du deine Rückmeldungen so formulieren, dass sie Wirkung zeigen.
Kategorie Fünf: Grenzen und Organisation
Zum Abschluss des ersten Treffens geht es um Rahmenbedingungen. Klare Absprachen schaffen Struktur und verhindern spätere Missverständnisse.
Wie oft sollen wir uns treffen, und welches Format passt für dich am besten?
Frequenz und Form bestimmen das Tempo der Beziehung. Manche brauchen engmaschige Check-ins, andere bevorzugen monatliche Deep-Dives.
Gibt es Themen, bei denen du dir Unterstützung lieber von jemand anderem holen würdest?
Das schützt dich vor Überlastung und sorgt dafür, dass du dich auf die Felder konzentrierst, in denen du den größten Mehrwert lieferst.
Wie können wir sicherstellen, dass du deine eigenen Zusagen auch wirklich einhältst?
So wird aus Gesprächen Handlung. Indem du die bevorzugte Form der Rechenschaft abfragst, stellst du sicher, dass Fortschritte nicht nur besprochen, sondern auch umgesetzt werden.
Grenzfragen schaffen Nachhaltigkeit. Sie fördern gegenseitigen Respekt und verhindern, dass die Beziehung irgendwann scheitert oder auslaugt. Besonders in Cross-Gender- oder interkulturellen Konstellationen sind solche Klarheiten unverzichtbar.
Nicht alles in ein einziges Treffen packen
Wenn das Gespräch in einer Kategorie besonders tief geht, ist das wertvoller, als alle fünf nur oberflächlich abzuhaken.
Das Ziel ist echtes Verständnis, nicht das schnelle Abhaken einer Liste. Nutze den Rahmen als Orientierung, aber lass deine Neugier die Richtung bestimmen.
Auf dem Fundament aufbauen
Dein erstes Treffen setzt den Ton für die gesamte Mentoring-Beziehung. Wenn du Hintergrund, Erwartungen, Ziele, Arbeitsstil und Grenzen deines Mentees kennst, kannst du jede weitere Unterhaltung gezielt auf seine Entwicklung ausrichten.
Diese Fragen verhindern die typische Anfangsphase voller Unsicherheit, die viele Mentoring-Beziehungen scheitern lässt. Und weil die Karriere deines Mentees stark davon abhängen kann, wie gut du dieses erste Treffen gestaltest, sollten deine Fragen durchdacht sein und den Unterschied machen.